In der kleinen Gemeinde Naarn in Oberösterreich hat im Oktober ein American Staffordshire Terrier namens „Elmo“ eine Joggerin angefallen und getötet. Der Hund hatte sich von der Halterin losgerissen und die Frau attackiert. Die Versuche der Halterin Elmo von seinem Opfer wegzuziehen waren erfolglos. Der Hund wurde am selben Tag eingeschläfert, eine Obduktion zeigte keine gesundheitlichen Auffälligkeiten die das Verhalten pathologisch erklären. Strafrechtliche Ermittlungen wegen grob fahrlässiger Tötung gegen die Halterin sind im Laufen.
Die Rasse American Staff Terrier
Nach dem Vorfall fühlen sich viele bestätigt, denn die Rasse gehört zu den sogenannten Listenhunden. Die Rassebeschreibung (1) liest sich dazu folgendermaßen:
„….leistungsstarker Hund, der viel Bewegung und Beschäftigung benötigt. ……wachsamer Hund der sein Revier aufmerksam und stets reaktionsbereit zu verteidigen weiß. Gut Erzogen und sozialisiert ist er ein temperamentvoller und liebenswerter Gefährte, der jedoch andere Artgenossen nicht unbedingt in seiner Nähe haben muss. Vernachlässigt man eine gute Sozialisation in der Jugend sind fremde Reize meist mit einer hohen Erregung….geringe Fsrustrationstoleranz…weniger für Anfänger geeignet.“ Also kein Hund für sorglose Menschen, aber welche Rasse ist das schon? Die Halterin hat diese Hunde gezüchtet und sollte also Bescheid wissen über deren Eigenheiten.
„Scharf“ gemacht im Schutzdienst?
Einige Tage nach dem Vorfall berichten Medien dass der Hund von der Halterin „scharf“ gemacht wurde, ein Foto auf dem der Hund in ein Jutedummy beisst soll der Beweis sein.
Der Zusammenhang ist rasch hergestellt: Listenhund plus Schutzdienst ergibt Killerhund. Kann es sein dass der Schutzdienst gefährliche Hunde produziert? Was sagt die Wissenschaft dazu? „Ein besonderes Gefahrenpotential stellen jene Hunde dar, die eine Ausbildung zum Schutzhund vorzeitig abgebrochen haben, z.B. weil sie ungeeignet erscheinen oder zu scharf geworden sind. Diese Hunde wurden zu aggressivem Verhalten ermutigt, ohne in der Unterordnung, die einen obligatorischen Bestandteil der Schutzhundeausbildung darstellt, ausreichend trainiert worden zu sein. Unfälle mit solchen Hunden sind beinahe vorprogrammiert.“ (2) Vor allem dann wenn, es um eine hohe Erregungslage geht, möchte man ergänzen. Ob das jetzt wirklich so war oder nicht spielt insofern keine Rolle als dass es plötzlich um etwas andere geht: das Verbot des Schutzdienst für private Hunde.
Einfach verbieten, oder?
Wie immer bei anlassbezogenen Verboten bin ich skeptisch. Persönlich kann ich dem Schutzdienst gar nichts abgewinnen. Hunde sind für mich weder Waffe noch Sportgerät sondern Sozial- und Freizeitpartner. Ich freue mich wenn wir gemeinsam entspannt in der Natur unterwegs sind, schwierige Trails meistern oder sie den Futterbeutel finden den ich verloren habe. Aber ich bin ja nicht der Maßstab aller Dinge, es gibt ja noch andere Blickwinkel auf das Thema.
Die Sinnfrage
Traut man sich nach dem Sinn des Schutzdienstes für Privatpersonen zu fragen? Sinn kann der Schutzdienst schon machen, denn es gibt durchaus Menschen die sich mit einem abgerichteten Hund an der Leine sicherer fühlen. Ob der Hund ihn der Situation tatsächlich tun würde wozu er trainiert wurde ist irrelevant (die Bewerbe sind ja stark ritualisiert), erstens wirkt der Hund abschreckend auf potentielle Angreifer und zweitens erhöht er das subjektive Sicherheitsgefühl der Halterin was aus psychologischer Sicht wertvoll in der Situation ist.
Betrachtet man das Thema abseits dieser eher kleinen Personengruppe ist der Sinn nach einer derartigen Ausbildung eines Hundes schon schwerer zu verstehen, vor allem da Training und Haltung der Hunde oftmals nicht der sich darstellenden Gefahrenlage Rechnung tragen. So gesehen bei einem Bewerb: Hund an Würgehalsband ohne Stop schnappt nach der Hand der Halterin. Zuverlässigkeit und Vertrauen signalisiert das nicht.
Verantwortung oder Verbot für Privatpersonen
Fazit - wie so oft wird aus einem Anlass nach neuen Gesetzen gerufen, man erinnere sich an Frau Simas Novelle des Wiener Tierschutzgesetzes nach einem ähnlichen Vorfall. Und mit jedem Anlass wird der Spielraum enger, bis zum Verbot mancher Hunderassen wie in Deutschland. Ähnliches geschieht in anderen Bereichen unseres Lebens, eine Entwicklung die immer wieder von Interessengruppen mit ziemlicher einseitiger Sicht auf die Dinge befeuert wird um ihre Agenda umzusetzen.
Wie würde eine pragmatische Lösung aussehen? Verbietet man etwas geht es in der Illegalität weiter. So ist etwa Mord oder Diebstahl verboten und dennoch passieren ca. 70 Morde jedes Jahr und 1500 Autos werden gestohlen. Den vorliegenden Fall als Anlass zu nehmen ein weiteres Verbot zu erlassen scheint mir zu weit zu gehen, vor allem weil Elmo offenbar gar keiner Schutzhundeausbildung unterworfen war. Es gefällt mir eher immer wieder an das Verantwortungsbewusstsein der Menschen zu appellieren und vielleicht öfter ein Halteverbot auszusprechen, nicht jeder ist charakterlich geeignet für die Haltung von Hunden. Und natürlich müssen Trainingsmethoden hinterfragt werden, eine Diskussion die vor allem im Internet äußerst heftig geführt wird. Aus meiner Sicht sollte eine Beschäftigung für Hunde artgerecht sein, das Training dazu nicht-aversiv und belohnungsorientiert. Und vor allem soll es Hund und Mensch Spaß machen!
(1) „Hunderassen“, Kosmos Verlag, Gansloßer, Adler, Braun ISBN 978-3-440-16008-4
(2) FEDDERSEN-PETERSEN, D. (1991): Aggressive Hunde – ein Tierschutzproblem. Schutz des Tieres vor Missbrauch durch Menschen bedeutet Menschenschutz. Tierärztl. Umschau 46, 749-754.
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